“Mach ich morgen!” – Tipps gegen Prokrastination

“Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.” Diesen durchaus sinnvollen Spruch kennt fast jeder, aber extrem viele Menschen haben ein Problem, sich daran zu halten – sie leiden unter Prokrastination oder umgangssprachlich “Aufschieberitis”. Das hat Folgen, aber es gibt auch Lösungen.

Gerade unter Studenten ist die Haltung, alles so weit wie möglich aufzuschieben, weit verbreitet. Das gilt vor allem für Studiengänge wie zum Beispiel in den Geisteswissenschaften, die zum großen Teil von den Studierenden selbst strukturiert werden müssen.

Ernstzunehmende Störung

Selbst nach der Einführung des strafferen Bachelor- und Mastersystems sind die Zahlen der Betroffenen nicht zurückgegangen.

Die meisten wissen zwar, dass sie sich auf diese Weise in Zeitnot bringen, können die Gewohnheit aber nicht abstellen. Während sich früher dafür der Begriff “Bummelstudent” eingebürgert hat, ist heute bekannt, dass es sich auch durchaus um eine ernstzunehmende Störung handeln kann.

Was Prokrastination ist

Das lateinische Wort “Procrastinatio” setzt sich zusammen aus “pro” = für und “cras” = morgen. Es handelt sich also um eine Art der Vertagung, wenn Sie sich etwas für morgen aufheben. Um von Prokrastination reden zu können, müssen drei Punkte erfüllt sein: Kontraproduktivität, mangelnde Notwendigkeit und Verzögerung.

Vor allem bei schwierigen oder lästigen Aufgaben neigen wir häufig dazu, sie aufzuschieben, zum Beispiel die anstehende schriftliche Hausarbeit, das Putzen des Bades oder das klärende Gespräch mit dem Mitbewohner.

Neuere Erfindungen wie die “Schlummertaste” am Wecker, mit der Sie das Aufstehen verschieben können, tragen ebenfalls ihren Teil zu schlechten Angewohnheiten bei.

Solange diese “Aufschieberitis” im Rahmen des Normalen bleibt, ist sie zwar unangenehm, aber kein ernstzunehmendes Problem. Erst wenn sich daraus schwerwiegende Konsequenzen ergeben wie den drohenden Verlust des Studienplatzes oder finanzielle Engpässe, dann sollten Sie sich Gedanken über einen Ausweg machen. Hinzu kommt, das Sie als betroffene Person auch psychisch stark belastet sind.

Nicht einfach Faulheit

Viele Menschen, die in diesem Bereich nicht besonders bewandert sind, stufen Prokrastination als Faulheit oder Willensschwäche ein. Aber das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun, sondern ist in ausgeprägter Form ein Problem der Selbststeuerung.

Wenn Sie darunter leiden, können Sie sich dafür mittlerweile professionelle psychologische Hilfe suchen, zum Beispiel bei der ersten deutschen Prokrastinationsambulanz an der Uni Münster. Aber vielleicht helfen Ihnen ja auch schon kleine Tipps und Tricks weiter.

Faktoren, die das Aufschieben begünstigen

Viele Studenten haben in der Schule nie erfahren, wie sie richtig ans Lernen herangehen. Es lässt sich meistens ganz einfach definieren, welche der folgenden Faktoren für die Prokrastination verantwortlich sind:

  • falsche Prioritäten werden gesetzt
  • Zeitmanagement stimmt nicht
  • Vorausplanung ist mangelhaft
  • Konzentrationsprobleme
  • Versagensängste, Perfektionismus
  • Abneigung gegen die Aufgabe
  • Über- oder Unterbewertung der eigenen Leistungsfähigkeit

Oft tritt Prokrastination auch als Begleiterscheinung einer anderen psychischen Krankheit wie Depressionen, Angststörungen, dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) oder ähnlichen auf.

Wenn Sie alles mögliche aufschieben, bleiben Sie hilflos hinter Ihrem eigentlichen Leistungsniveau zurück und haben bis auf wenige kurze Phasen durchgehend ein schlechtes Gewissen. Das kann im Extremfall sogar zu Schlafmangel und Depressionen führen.

Aber solange dieser Zustand bei Ihnen noch nicht krankhaft, sondern lediglich ziemlich lästig ist, können Ihnen die folgenden Tipps und Tricks weiterhelfen.

“Aufschieberitis” bekämpfen

Möglicherweise verlängert das Aufschieben Ihrer studentischen Pflichten sogar Ihr Studium. Dann kennen Sie sicherlich auch die Fragen: “Du studierst noch? Wann bist du denn fertig?” sowie das ungute Gefühl, das sich dann in Ihnen breitmacht.

Am liebsten würden Sie gereizt reagieren und den Fragenden so richtig vor den Kopf stoßen. Auch das sind unschöne Auswirkungen der Prokrastination.

Ein paar einfache Maßnahmen können schon helfen, die Prokrastination in den Griff zu bekommen. Suchen Sie sich eine der aufgeschobenen Aufgaben aus und nehmen Sie sie mithilfe der folgenden Tricks in Angriff.

Bewusst Gedanken machen

Zunächst müssen Sie sich den Spiegel vorhalten: Was mache ich hier überhaupt? Wo ist eigentlich das Problem, warum traue ich mich nicht an die Aufgabe heran? Warum stresst mich das? Denken Sie positiv und ändern Sie Ihre Einstellung, um einen freien Kopf zu bekommen.

Denn eines ist sicher: Sie MÜSSEN oder SOLLEN im Prinzip gar nichts, sondern Sie haben die Wahl. Erst wenn Sie sich das bewusst machen, blockieren Sie sich nicht automatisch selber.

Realistische Ziele setzen

Setzen Sie sich ein Ziel, das Sie heute noch leicht erreichen können. Bei einer aufgeschobenen Hausarbeit wäre es zum Beispiel die grobe Gliederung, die Sie sich überlegen könnten. Sie sind auf diese Weise mit dem ersten Schritt nicht überfordert, und am nächsten Tag fällt der darauf folgende Schritt umso leichter.

Es ist sehr wichtig, dass Sie sich nicht überfordern. Zerlegen Sie große Aufgaben in viele kleine Abschnitte. Als Faustregel gilt: Nehmen Sie sich fünfzig Prozent von dem vor, was Sie eigentlich schaffen wollten. Dann haben Sie ein realistisches Arbeitspensum vor sich, mit dem Ihnen noch genug Freizeit bleibt.

Prioritäten setzen

Ordnen Sie die Aufgaben der Wichtigkeit bzw. den vorgegebenen Fristen nach. Dazu gehört, dass Sie alles schriftlich auflisten. Je nachdem, was Sie für ein Typ Mensch sind, können Sie dann Ihren Tag straff durchstrukturieren, oder Sie sortieren die Aufgaben einfach nur von wichtig zu unwichtig und arbeiten alles der Reihe nach ohne Druck ab.

Probieren Sie aus, mit welcher Methode Sie am besten fahren. Im Internet gibt es dazu interessante Vorschläge, zum Beispiel auf karrierebibel.de. Aber Achtung: Nicht danach einfach weiter ziellos surfen, sondern ran an die Arbeit!

Ablenkung vermeiden

Rund um Ihren Schreibtisch finden sich bestimmt viele Ablenkungsquellen: das Internet, der Fernseher, das Handy, die Mitbewohner… Viele Studenten schrubben sogar lieber die Küche oder erledigen den Abwasch, um nicht an die eigentliche Aufgabe gehen zu müssen. Ein Satz, der in diesem Zusammenhang häufig fällt, ist zum Beispiel “Meine Wohnung war noch nie so sauber wie im Examen”!

Ein wichtiger Faktor ist dabei auch, dass die Erledigung dieser kleineren Aufgaben ein schnelles Erfolgserlebnis versprechen. Damit können Sie kurzzeitig Ihr Selbstwertgefühl stärken. Das kehrt sich allerdings immer schnell wieder ins Gegenteil um, weil ja vom eigentlichen Vorhaben noch nichts geschafft ist.

Versuchen Sie, diese Ablenkungsquellen zu eliminieren. Setzen Sie sich Zeitrahmen, in denen Sie keines der genannten Dinge tun oder nutzen dürfen. Und vor allem: Bleiben Sie konsequent! Nur so können Sie die schlechten Angewohnheiten, die sich im Laufe der Zeit in Ihr Arbeitsverhalten eingeschlichen haben, ändern.

Falsche Vorstellungen korrigieren

Verabschieden Sie sich von der Vorstellung, dass Lernen und Arbeiten immer Spaß machen müssen, denn das behindert Ihre Leistungsfähigkeit. Natürlich gibt es auch Phasen, in denen es schwieriger oder langweiliger ist als sonst.

Aber sobald sich in Ihrem Kopf verankert, dass auch das dazugehört, fällt es nur noch halb so schwer. Außerdem werden Sie sich gerade nach einem erfolgreich gemeisterten schweren Abschnitt umso glücklicher fühlen.

Nach vorne schauen

Denken Sie niemals “Ach, hätte ich nur… Wenn ich damals… , dann könnte ich jetzt…”, das bremst Sie nur aus. Schauen Sie nach vorne und vergleichen Sie die Zukunft mit einem Berg, den Sie Basislager für Basislager erklimmen. Nach jeder Etappe ist wieder einiges geschafft, und Sie können den nächsten Tag mit einem guten Gefühl beginnen.

Kein Multitasking

Auch wenn Sie in der Lage sind, mehrere Dinge auf einmal zu tun, werden Sie sie nicht alle zu Ihrer Zufriedenheit erledigen können. Außerdem verursacht ein solches Verhalten unnötigen Stress. Konzentrieren Sie sich auf eine Sache nach der anderen, das geht in der Regel schneller und Sie arbeiten ganz automatisch sorgfältiger.

Übrigens kann auch ein aufgeräumter Schreibtisch schon dabei helfen, besser bei der Sache zu bleiben! Viele Menschen können sich erst dann auf die Arbeit konzentrieren, wenn die äußere Ordnung stimmt.

Mitstreiter suchen

Nicht jeder kann sich gut selbst motivieren. Da hilft es, Mitstreiter zu haben, die Sie mitziehen, wenn Sie in einem Motivationsloch feststecken. Das gilt natürlich umgekehrt genauso.

Sie können auch einen guten Freund bitten, Sie hin und wieder anzutreiben. Aber achten Sie darauf, dass Sie das von ihrer Freundschaft trennen, denn sicherlich sind Sie auch manchmal genervt von dem vermeintlichen Druck.

Sich selbst belohnen

Arbeitserfolge, auch wenn sie eher klein erscheinen, bedeuten in Ihrer Situation viel, denn Sie erleben jedes Mal einen Teilerfolg im Kampf gegen die Prokrastination. Also dürfen Sie sich dann auch etwas gönnen!

Nehmen Sie sich eine Auszeit, in der Sie nur das machen, worauf Sie Lust haben, und denken Sie nicht an die Aufgabe. Aber begrenzen Sie diese Pausen und bleiben Sie darin auch streng, denn sonst schlagen die Erfolge schnell wieder ins Gegenteil um!

Sport

Versuchen Sie, sich mindestens 20 Minuten am Tag an der frischen Luft zu bewegen – das macht den Kopf frei, schüttet Glückshormone aus und füllt die Energiereserven wieder auf. Dazu gehört auch eine gesunde, ausgewogene Ernährung (wobei natürlich nichts gegen gelegentliches Fast Food oder ein Feierabendbierchen spricht).

Denn wie heißt es so schön: “Mens sana in corpore sano” (dt.: ein gesunder Geist in einem gesunden Körper)?! Dann geht die Arbeit doppelt so leicht von der Hand.

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Weiterführende Links

Prokrastination.net – Prokrastination: Definition, Ursache, Behandlung
Prokrastinationsambulanz Münster – Spezialambulanz des Fachbereichs Psychologie und Sportwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Karrierebibel.deJeden Tag mehr Erfolg (Blog)

Fabian Köhler