Karneval & Co. – Warum wir uns verkleiden

Für die einen sind Oktoberfest und Karneval Gelegenheiten zum ausgelassenen Feiern. Die anderen wenden sich beim Anblick von Trachten und Funkenmariechen verwundert ab. Doch dessen ungeachtet sind diese Anlässe und Kostüme beliebt – und zwar weit über ihre jeweilige Region.

So gehört Karneval zu den wohl am weitesten verbreiteten Festen. Von Rio De Janeiro und Teneriffa übers Rheinland bis in die Schweiz zieht sich das wilde Treiben fantasievoll ge- und verkleideter Gestalten.

Feiern global

Dabei hat jeder Weltwinkel seine eigenen Karnevalsbrauchtümer: Seien es die Wettkämpfe der brasilianischen Samba-Schulen oder die heidnischen Frühlingsbräuche der allemannischen Fasnacht. Doch zum Glück ist Fröhlichkeit kein Monopol bestimmter Volksgruppen.

Längst sind Weiberfasnacht und Rosenmontag, Veilchendienstag und Aschermittwoch auch in Niedersachsen und in der niederländischen Region Limburg feste Termine im Jahr. Das gilt auch für andere Brauchtümer. Alljährlich werfen sich US-Amerikaner und Japaner in Krachlederhosen und Dirndl, um “Ihre” Version von Oktoberfest zu begehen. Natürlich stilecht mit Brez’n, Weißwurst und importiertem Weißbier.

Umgekehrt hat Halloween in Deutschland den alten Reformationstag im Kalender nahezu abgelöst. Gerade in katholischen Bundesländern, wo am folgenden Allerheiligen-Tag nicht gearbeitet wird (und die Reformation ohnehin keine große Rolle spielt), werden allerorts Halloween-Partys gefeiert.

Mit ausgehöhlten Deko-Kürbissen, gruseligen Büffet-Accessoires und tausenden Menschen in gruseligen Verkleidungen. Ein makabres Pendant zum Diesseits-orientierten Karneval.

Im- und Export von Volksfesten

Kritiker dieser modernen Brauchtumsformen sind mit Begriffen wie “Kommerz” schnell zur Hand. Doch Vorwürfe dieser Art erweisen sich als zu kurz gedacht. Zum Einen geht der Im- und Export von Volksfesten auf Zeiten zurück, da von Globalisierung noch keine Rede war:

Ebenso wie irische Auswanderer “Ihr” Samhain (und deutsche “Ihr” Oktoberfest) in die neue Heimat jenseits des großen Teiches mitnahmen, waren es vermutlich zuerst US-amerikanische Soldaten, die in den 1970er Jahren auf der historischen Burg Frankenstein (bei Darmstadt) Halloween-Partys wie Zuhause feierten.

Kostüme – und was dahinter steckt

Zum Anderen erfüllen Volksfeste mit ihrer speziellen Kleiderordnung und typischen Ritualen für die Teilnehmer eine große Chance: Einmal in die Haut eines anderen Individuums schlüpfen. Schließlich haben alle Menschen im Alltag eine bestimmte Rolle inne.

Sie sind Chef, Mitarbeiter, Familienmitglieder, Kegelbruder usw. Damit einher geht auch gesellschaftlich erwartbares Rollenverhalten. Wir müssen Verantwortung übernehmen, pünktlich sein, die eigenen Interessen zugunsten der Gruppe zurückstecken etc.

Erwartungen zurechtrücken

Wer sich verkleidet, rückt auch die Erwartungen zurecht, die gesellschaftlich an ihn gestellt werden. Da wird der korrekte Kommilitone zum Piraten, der unscheinbare Kollege zum Garde-Offizier etc. Anlässe wie Karneval bergen für jeden Teilnehmer die Chance, einen Persönlichkeitsteil in den Vordergrund zu stellen, der im Alltag unter Umständen nicht wahrgenommen wird.

Das muss nicht zwangsläufig heißen, jemand Größeres, Stärkeres, Schöneres sein zu wollen. Sonst wären die Zeit des Karnevals angefüllt mit Heldenfiguren und umschwärmten Supermodels. Tiefenpsychologen sehen im Verkleiden auch eine Möglichkeit, sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die man eventuell selbst fürchtet.

Auseinandersetzung mit Ur-Ängsten

Im Grunde genommen basiert ja das ganze Halloween-Fest auf der Begegnung mit unseren Ur-Ängsten: Sei es der archaischen Angst im Dunkeln oder der (gesellschaftlich oft ignorierten) Angst vor dem Tod. Folglich ist die Nacht vor Allerheiligen angefüllt mit allerhand Dämonen, Vampiren, Zombies und anderen Geschöpfen des Grauens.

Lust am Experiment

Manchmal bestimmt auch einfach die Tagesform, welches Kostüm sich Menschen sich überstreifen. Die Lust am Experiment, die im Alltag erwachsener Menschen ansonsten zu kurz kommt. Bemerkenswert: Mit dem Kostüm wechseln häufig auch die Körperhaltung und Stimmlage, Gestik und Mimik.

Natürlich kann man auch in Jeans und T-Shirt aufs Oktoberfest gehen. Doch das echte “bayrische” Gefühl kommt bei den meisten Besuchern erst auf, wenn Sie sich in regionaltypischer Tracht auf der Wies’n präsentieren.

Und dazu gehört nach wie vor: feiern, bis der Arzt kommt, und flirten, als gäbe es kein Morgen mehr: Janker, Kniebundlederhosen und tiefdekolletierte Dirndl als Eintrittskarte in die zünftige Welt der Baiuwaren.

Und zwar aus denselben Motiven, warum bierbäuchige Männer mit wuchernder Brustbehaarung in Tütü und Ballett-Schläppchen das “Schwanensee”-Quintett geben. Es ist kindliche Neugier darauf, wie es sich anfühlt, jemand anderes zu sein.

Und nicht zuletzt auch anschließende Erleichterung, endlich wieder aus diesen komischen Klamotten herauszukommen.

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Fabian Köhler