Digitalisierung des Studiums

eLearning, Youtube-Vorlesungen und virtuelle Labore: Längst hat die Digitalisierung Einzug in den Studienalltag gehalten. Doch nicht alle Hochschulen schöpfen ihre Möglichkeiten optimal aus — und neben vielen Vorteilen birgt die Nutzung digitaler Inhalte im Studium auch Risiken, die für Studierende Nachteile bedeuten können.

Die Digitalisierung des Studiums hat viele Gesichter. Virtuelle Lernplattformen dürften eines der bekanntesten sein — fast jede Universität verfügt mittlerweile über ein solches System, das es Dozenten wie Studierenden ermöglicht, Kursmaterialien in digitaler Form bereitzustellen und auszutauschen. Vorlesungsskripte und Seminartexte, aber auch Filme, Bilder und Audiodateien können über die Lernplattformen verfügbar gemacht werden. Vor allem im Hinblick auf Seminartexte spart das den Gang in den Copyshop oder das Schlangestehen am Institutskopierer. Viele Studierende lesen ihre Seminartexte direkt auf Tablet oder eReader, was wiederum Papier spart.

Digitalisierung von Studieninhalten: Vielfalt der Chancen, Vielfalt der Tücken

Einige Dozenten gehen noch weiter, bieten ganze Vorlesungen rein auf Videobasis an und nutzen die Präsenzzeit gezielt für vertiefende Diskussionen. Dieses Konzept hat aber auch Tücken, weil es eigenständiges Arbeiten und Selbstdisziplin erfordert, wozu gerade Studienanfänger häufig erst angeleitet werden müssen. Es setzt außerdem den Zugang zu einer schnellen Internetverbindung voraus — wer darüber nicht verfügt, hat es oft schwer, die Kursanforderungen zu erfüllen.

Auch in anderen Kontexten ist die zunehmende Digitalisierung des Studiums häufig ein zweischneidiges Schwert. So setzen fast alle Hochschulen mittlerweile auf Online-Systeme zur Kursanmeldung und Notenverbuchung. In der Praxis aber sind Systemfehler sowie mangelnde Schulung der Dozenten oft an der Tagesordnung. Prüfungsanmeldungen oder eingetragene Noten können auf diesem Wege schnell einmal im Daten-Nirwana verschwinden, und was von Hochschulseite als Innovation angepriesen wird, bedeutet für viele Studierende häufig zusätzlichen bürokratischen Aufwand.

Vor ähnlichen Problemen stehen beispielsweise medizinische Fakultäten, welche die Anwesenheitskontrolle per Mikrochip eingeführt haben: Werden hierbei durch technische Defekte fälschlich Fehlstunden verbucht, kann das für die Studierenden fatale Folgen haben — und die Installation von Lesegeräten ist logistisch und finanziell nicht flächendeckend möglich.

Innovation will gelernt sein

Viele Hochschulen setzen auf eLearning, doch an einer kritisch-methodischen Reflexion der Möglichkeiten fehlt es häufig, sodass Dozenten das Potenzial digitaler Inhalte kaum ausschöpfen oder sogar unklug anwenden. Für wirklich innovative Konzepte wie die Zuschaltung von Gastdozenten per Videokonferenz mangelt es nicht selten an finanziellen Mitteln. Umgekehrt können virtuelle Labore oder die Koordination per Online-Forum nicht immer die Möglichkeiten der »analogen« Kommunikation ersetzen. Und die eleganteste Lernplattform nützt nichts, wenn die dort hochgeladenen Seminartexte lediglich in schlechter Qualität eingescannt wurden.

Dennoch kann Digitalisierung eine durchdachte und hilfreiche Ergänzung traditioneller Lehrmethoden darstellen. Wo sie klug angewandt, diskutiert und reflektiert wird, erwerben die Studierenden durch sie zusätzliche Kompetenz zu technischen Möglichkeiten und Einsatz digitaler Inhalte — und das kann wiederum ein Bonus bei der Jobsuche nach dem Studium sein.

Anne Klein
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