Zimmer frei! So kommst du erfolgreich durchs WG-Casting

Dein Studium in einer anderen Stadt beginnt. Neben all dem Organisationsbedarf, den das Studieren ohnehin mit sich bringt, heißt es, schnell eine geeignete Unterkunft zu finden. Doch besonders in Studentenstädten ist günstiger Wohnraum rar. Eigene Wohnungen sind oft nicht zu finanzieren. Ein Zimmer in einer Studenten-WG ist daher eine gute Alternative, zu einem niedrigen Mietpreis unterzukommen, von dem Vorhandensein einer bereits eingerichteten Küche und anderem zu profitieren und zudem durch die hoffentlich netten Mitbewohner erste Kontakte in der fremden Stadt zu knüpfen.

Dies wissen natürlich so einige zu schätzen, und so entsteht auf freie WG-Zimmer ein regelrechter Ansturm. WG-Castings, in denen die WG-Bewohner die Kandidaten unter die Lupe nehmen, sind keine Seltenheit geworden. Was braucht es, um aus der Reihe der Bewerber derjenige zu sein, der letzten Endes das Zimmer bekommt?

Wir zeigen dir, wie du erfolgreich jedes WG-Casting bestehst.

Die Vorauswahl

Ganz wichtig: Die Vorauswahl unter den inserierten Zimmern triffst erst einmal du. Bewirb dich nicht auf jede Annonce. Denn es geht in erster Linie nicht darum, irgendein Zimmer irgendwo bei irgendwelchen Leuten zu bekommen. Natürlich möchtest und brauchst du eine Unterkunft. Aber du musst doch auch wohlfühlen.

Lege für dich von vorne herein fest, wie viel Budget dir für die Zimmermiete zur Verfügung steht. Den dir gesetzten Preis solltest du nicht überschreiten. Wesentlich drunter zu gehen ist auch nicht ratsam, das rächt sich meist in Form der Lebens- und Hygieneumstände, die du vorfinden wirst.

Womit wir bereits beim nächsten Punkt wären: Definiere, bevor du mit deiner Suche beginnst, was du suchst und wo du leben möchtest. Überlege dir, wie groß dein Zimmer sein sollte und welche Voraussetzungen für dich außerdem noch unabdingbar sind. Informiere dich im Vorfeld über die Stadt in die du ziehst und insbesondere über die einzelnen Stadtviertel. Es gibt Gegenden, da willst du nicht wohnen, selbst wenn der Mietpreis eklatant niedrig ist. Es gibt einen Grund dafür.

Bist du auf eine Annonce gestoßen, die dich anspricht, kann es losgehen mit deiner Bewerbung. Bringe für diese nächste heiße Phase ausreichend Geduld und Gelassenheit mit. Gerade in größeren Städten, in denen tagtäglich ein Kampf um bezahlbaren Wohnraum herrscht, findet sich das passende Zimmer selten beim ersten Besichtigungstermin. Richte dich darauf ein, dass du einige Termine überstehen musst und einen Haufen Menschen kennenlernen wirst, ehe du dein Zimmer gefunden hast. Sieh es als Training. Du lernst fürs Leben.

Wo darf gesucht werden?

Die klassische Zeitungsannonce, mit der vor Urzeiten unsere Väter und Mütter ihre potenziellen Mitbewohner suchten, ist längst passé. Viele WGs, die einen Hang zu Nostalgie zeigen, inserieren ganz klassisch am schwarzen Brett der Fakultät. Sogar noch mit Telefonnummer-Abrisszettel. Das ist äußerst charmant und obendrein auch effektiv, denn man kann davon ausgehen, dass so bereits über die Annonce Gleichgesinnte gefunden werden, Studenten, die in denselben Fachbereichen studieren oder zumindest in fachnahen Gebieten unterwegs sind.

Darüber hinaus haben die modernen Technologien natürlich auch bei der WG-Suche Einzug gehalten. Es gibt bereits zahlreiche Online-Plattformen, die darauf abzielen, WGs mit passenden Mitbewohnern zusammen zu führen. Diese Suchportale gleichen im Grunde den Partnerschaftsbörsen. Bevor dir eine Auswahl an zu dir passenden Wohngemeinschaften präsentiert wird, füllst du ein Profil aus, mit dem die Eckpunkte deiner Mitbewohner-Persönlichkeit festgelegt werden. Dabei beantwortest du Fragen hinsichtlich deiner Einstellung und Vorlieben in puncto Finanzen, Sauberkeit, Geselligkeit und sonstige Interessen. Anhand dieses Profils werden WGs ermittelt, deren Profil mit deinem so weit übereinstimmt, dass man es auf einen Versuch sich vorzustellen ankommen lassen kann.

Die erste Kontaktaufnahme

Der erste Eindruck ist auch hier entscheidend. Und der entsteht bereits mit der Kontaktaufnahme. Versuche, dies persönlich zu tun, am besten telefonisch. Man möchte schließlich wissen, mit wem man es zu tun hat. Viele WGs wickeln die erste Kontaktaufnahme heutzutage auch via E-Mail ab. Wichtig ist auf jeden Fall, etwas Persönlichkeit zu zeigen und bereits in der E-Mail etwas von sich zu erzählen. Denk daran, dass außer dir noch Dutzende andere eine E-Mail geschrieben haben. Was also sollte die WG-Bewohner veranlassen, ausgerechnet dich zu einem Casting einzuladen? Sei also originell, aber übertreibe es nicht. Irgendwo zwischen Langweiler und Schaumschläger liegt der goldene Mittelweg.

Geschafft – der Weg zum Casting

Glückwunsch, du bist unter die Top X gekommen und wurdest zu einem WG-Casting eingeladen. Jetzt heißt es, einen guten Eindruck zu machen. Die Schwierigkeit besteht natürlich darin, dass du nicht weißt, was und wer dich dort erwartet. Im Gegensatz zu einem beruflichen Vorstellungsgespräch kannst du dich also mit deiner Kleiderwahl und der Probe deines Auftritts nicht an der Berufsgruppe orientieren. Alles ist möglich, von chaotischer Kommune bis zur elitären Yuppie-WG. Also bleibt dir nichts anderes übrig als du selbst zu sein. Der Vorteil besteht natürlich darin, dass du letzten Endes du selbst bist. Gemäß dem Prinzip „What you see is what you get“ solltest du beim WG-Vorstellungstermin nicht versuchen, jemand anderen darzustellen. Denn im Alltag wirst du dich nicht verstellen können und wollen. Da ist Ärger quasi vorprogrammiert. Solltest du zu einem extremen Styling neigen, ist es vielleicht ratsam, an genau diesem Tag nicht ganz zu dick aufzutragen und eine etwas abgemilderte Variante zu tragen. Du kannst später, wenn du das Zimmer hast, deine neuen Mitbewohner schrittweise und behutsam an dein eigentliches Erscheinungsbild heranführen.

No Gos

Dass du einigermaßen sauber und ordentlich daherkommen solltest, versteht sich von selbst. Wem bereits beim ersten Date der Geruch von Verwahrlosung anhaftet, der hat schlechte Karten, sich und seinen Körpergeruch dauerhaft niederlassen zu können.

Verzichte darauf dich einzuschmeicheln. Ein Gastgeschenk wie Blumen, Pralinen oder eine Flasche Wein mitzubringen ist absolut unangebracht und erweckt den Eindruck, du wolltest dir das Zimmer erkaufen. Eindeutige Angebote, gegen Zahlung eines kleinen Sümmchens den Anspruch auf das angebotene Zimmer zu erwerben, sind daher ebenfalls absolut tabu und bringen Abzug in der Sympathie-Note.

Ja, es ist womöglich dein erster Schritt aus dem heimischen Nest, und so sehr dich der neue Lebensabschnitt ängstigen mag: Bringe niemals und unter keinen Umständen deine Eltern mit zum Casting. Du bewirbst dich schließlich bei einer WG und nicht in einer Pflegefamilie. Was die suchen, ist ein mündiger und selbstständiger Mitbewohner, der keinen Babysitter braucht und in der Lage ist, eigene Entscheidungen zu treffen. Außerdem sind Eltern, die womöglich regelmäßig vorbeischauen um zu sehen, wie es ihrem kleinen Schatz geht, das, was lustige Wohngemeinschaften wohl genauso sehr schätzen wie Bettwanzen.

Mehr braucht es kaum, um einen guten Eindruck zu machen, wenn du über die Türschwelle deiner potenziellen neuen Behausung trittst.

Karten auf den Tisch

Unheilschwanger steht bei den meisten WG-Castings der Satz im Raum: Erzähle uns was von dir. Hier gelten die gleichen Regeln wie bei einem Vorstellungsgespräch. Sei offen und ehrlich, aber wähle deine Worte mit Bedacht. Alles, was du nun sagst, kann und wird bei der endgültigen Entscheidung gegen dich verwendet werden. Vermeide Aussagen, die den WGlern drohende Szenarien vor Augen führen, wie „Ich bin ein Partylöwe“, „Mit Sauberkeit habe ich es nicht so“ oder „Ich kann es nicht leiden, wenn jemand meine Sachen anfasst, da raste ich aus.“ Vermittele bei allem, was du sagst, das Gefühl, dass du ein möglichst unkomplizierter Mensch bist. Leben und leben lassen bzw. leben und das Leben der anderen nicht nachhaltig beeinträchtigen sollte die Devise einer WG sein. Signalisiere aber auch, dass du nicht nur ein günstiges Zimmer suchst und die übrigen Bewohner als notwendiges Übel ansiehst, die nun einmal bei günstigen Unterkünften in Kauf genommen werden müssen, sondern dass du Interesse an dem gemeinschaftlichen Erlebnis WG hast und dich auf die gemeinsame Zeit freust.

Und: Wie du mir, so ich dir. Du darfst den WG-Bewohner durchaus auf den Zahn fühlen. Stelle ebenfalls Fragen nach Ihren Gewohnheiten und dem WG-Leben, das du vorfinden wirst. Das signalisiert echtes Interesse und Aufgeschlossenheit.

Keine Sorge: Nach fünf bis fünfundzwanzig Casting-Terminen hast du den Bogen raus und dein Zimmer in deiner Traum-WG gefunden.

Anne Klein
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